Die ketogene Ernährung oder Keto-Diät ist als besonders strikte Ernährungsform bekannt. Man muss zwei Grundregeln streng befolgen, damit der Körper Ketonkörper produziert und dann in den Fettstoffwechsel kommt.
- Die Makronährstoffe müssen im Verhältnis 75-20-5 aufgenommen werden, wobei 75% der Kalorien aus Fett, 20% aus Protein und nur 5% aus Kohlenhydraten kommen
- Man sollte maximal nur 30g Kohlenhydrate am Tag essen.
Um der Ernährungsform so ein bisschen die Strenge zu nehmen und einen leichteren Zugang zu bekommen, ohne auf gewisse Benefits verzichten zu müssen, gibt es drei mögliche Ansätze: Lazy Keto, Cheat Days und Carb-ups.
Damit du die folgenden Argumente nachvollziehen kannst, ist ein Grundlagenwissen über die ketogene Ernährung ganz wichtig. Genauer gesagt darüber, was genau im Körper passiert und welche Benefits sie bringt. Wenn du das noch einmal nachlesen möchtest, schau gerne in meinen Artikel Grundlagen der ketogenen Ernährung.
Die drei erwähnten Maßnahmen Lazy Keto, Cheat Days und Carb-ups vereinfachen die Regeln. Das Ziel ist, den Einstieg und/oder das Dranbleiben zu erleichtern und mehr Vielfalt zu schaffen, damit man den Spaß an der Sache nicht verliert.
In diesem Artikel lernst du die drei Methoden genauer kennen und findest heraus, warum Lazy Keto trotzdem nur ein Lazy Versprechen bleibt.
Vorweggenommen: Lazy Keto funktioniert meiner Meinung nach nur, wenn du dich eine Zeitlang ketogen ernährt hast und ganz genau weißt, welche Lebensmittel du essen kannst. Denn als Keto-Anfänger kann man damit nicht in den Fettstoffwechsel kommen oder bleiben. Cheat Days und Carb-ups sind ebenfalls nur passend und empfehlenswert, wenn du bereits ketogen gelebt hast und dein Stoffwechsel nun flexibel ist. Flexibel bedeutet in diesem Fall, dass dein Körper problemlos zwischen Fett und Kohlenhydraten als Energiequelle wechseln kann. Was das genau bedeutet, kannst du hier nachlesen.
Lazy Keto
Lazy Keto 1: Nur Kohlenhydrate als einziger Messwert
Die erste Regel – die optimale Nährstoffverteilung von 75-20-5 (s.o.) – wird bei Lazy Keto komplett gestrichen. Ebenso die Berücksichtigung der Gesamt-Kalorienmenge. Das einzige verbleibende Gebot besteht darin, täglich auf eine Kohlenhydratzufuhr von 5%-10% (entspricht ca. 20g bis 50g) zu achten. Der Vorteil: Das aufwändige Tracken und Messen der Nahrung entfällt dadurch, was zeitlich enorm entlastet.
Allerdings liegt hier auch schon das Problem. Sobald du dich ausschließlich auf die Kohlenhydrate konzentrierst, besteht die Möglichkeit, dass deine Makroverteilung nicht mehr stimmt. Du nimmst zu wenig Fett und Proteine zu dir (oder zu viel davon), sodass dein Körper keine Ketone mehr produziert.
Isst du zum Beispiel einen halben Apfel am Tag und bleibst so unter 20g, dann ist der Körper im Hungermodus – wie beim Fasten. Immerhin baust du durch den Verzicht auf Kohlenhydrate die noch im Körper gespeicherte Glukose (aus den Glykogenspeichern) ab und verlierst ein paar Pfunde und viel Wasser. Dein Körper produziert dann, wie auch beim Fasten, auf geringem Niveau Ketonkörper. In den Fettstoffwechsel kommst du dadurch allerdings nicht. Dein Körper schafft es nicht, Fett als Energiequelle zu nutzen. Stattdessen bleibt er weiterhin auf Kohlenhydrate zur Energiegewinnung angewiesen. Wobei nur 20g Kohlenhydrate nicht wirklich viel Energie bringen.
Nach kurzer Zeit setzt dann Erschöpfung ein und es zeigen sich Anzeichen der sogenannten Keto-Grippe. „Entspanntes Abnehmen” ist damit hinfällig. Der Energieverlust strapaziert darüber hinaus nicht nur deinen Körper, sondern eben auch deinen Geist. Nicht zuletzt stagniert schließlich der Gewichtsverlust nach kurzer Zeit. Sobald du dann wieder mehr Kohlenhydrate isst, um wieder zu Kräften zu kommen, bist du ggf. ganz schnell wieder da, wo du angefangen hast – plus dem Gefühl der Enttäuschung, dass sich bei dir weder die bei ketogener Ernährung versprochene Klarheit im Kopf noch die gesteigerte körperliche Energie und erhöhte Fettverbrennung eingestellt hat.
Lazy Keto 2: Ohne verarbeitete Lebensmittel, aber mit Carbs aus Gemüse und Obst
Je nach Interpretation kann Lazy Keto auch bedeuten, komplett auf stärkehaltige und verarbeitete Produkte wie Reis, Nudeln, Brot etc. zu verzichten. Du isst ausschließlich Obst und Gemüse, kontrollierst allerdings auch hier nicht deine Makroverteilung. Das entspricht eher einer Low-Carb-Ernährung. Dabei gilt grundsätzlich dasselbe wie oben beschrieben: Du erreichst vielleicht durch intermittierendes Fasten, dass dein Körper Ketonkörper produziert. Aber du kommst nicht nicht in den Fettstoffwechsel.
NEWSLETTER ANMELDUNG
Cheat Days: Tageweise normal essen
Eine oft genannte Methode zum Durchhalten einer Diät – nicht nur bei Keto – sind Cheat Days. Hier darf man an einem Tag pro Woche ausdrücklich alles essen, wonach einem gelüstet. Angeblich sogar einen Burger mit Burger-Bun und Pommes. Solch ein Tag ist als Belohnung gedacht für die Disziplin der gesamten Woche, soll aber die bis dahin erreichten Erfolge nicht wirklich stark zurücksetzen. In Diäten oder bei der Sportler-Ernährung ist dies durchaus erfolgreich und sinnvoll.
Bei der ketogenen Ernährung muss man sich jedoch über einen ganz wichtigen Punkt im Klaren sein. Je nachdem wie stark man in Ketose ist, kann der eine Burger allein so viele Kohlenhydrate enthalten, dass man wieder bei Null beginnt. Soll heißen: Ab einer bestimmten Kohlenhydrat-Zahl am Tag bist du nicht mehr in Ketose. Und da reicht ein einziger Tag schon aus! Es ist also zweifelhaft, dass sich Keto-Anhänger an ihrem Cheat Day wirklich ohne Rücksicht auf Verluste große Mengen an Kohlenhydraten reinziehen.
Funktionieren kann ein Cheat Day folgendermaßen: Wenn du ihn nicht als All-you-can-eat-Day auslegst, sondern ein paar (!) vollwertige Kohlenhydrate mehr isst als sonst. Das kann eine kleine Süßkartoffel sein, etwas Wurzelgemüse oder eine andere Gemüsesorte, die etwas mehr Kohlenhydrate enthält. Oder auch ein Löffel Linsen. Wer schon etwas erfahrener in der ketogenen Ernährung ist und seinen Körper gut kennt, der weiß oder spürt, wie viele und welche Kohlenhydrate er seinem Körper zumuten kann, um gerade noch in Ketose zu bleiben. Denn je nachdem wie flexibel dein Stoffwechsel ist, kommt er mit leicht erhöhter Carb-Menge klar, ohne aus der Ketose zu fallen. Oder er kommt zumindest schnell wieder rein. Solange es keine “schlechten” Kohlenhydrate wie Zucker oder Weißmehl sind. Intermittierendes Fasten danach und Sport am nächsten Morgen helfen, die Glykogenspeicher wieder zu leeren.
Carb-ups: Mäßig gesunde Kohlenhydrate am Abend
„Carb-ups“ steht für eine kleine Menge von vollwertigen (!) kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln ein- bis mehrmals pro Woche. Etwa eine Süßkartoffel oder ein bisschen Wurzelgemüse. Und das bevorzugt abends. So gibst du deinem Körper durch das (intermittierende) Fasten bis zum nächsten Morgen oder Mittag die Chance, die Glykogenspeicher wieder zu leeren. Vor allem, wenn du deinen Tag mit Sport startest. Dann kann dein Körper wieder leichter Ketonkörper produzieren. Studien haben zudem gezeigt, dass der Verzehr einer kleinen Menge Kohlenhydrate am Abend den Schlaf verbessert.
Ausnahmen „außer der Reihe“
Kennst du es, dass du dich EIGENTLICH strikt ketogen ernähren willst – und dann aber spontan bei einer Feier oder einem Restaurantbesuch vor einem leckeren Nudel- oder Kartoffelsalat stehst. Sollst du – oder lieber doch nicht?
Denk daran: Sprüche wie „Einmal ist keinmal“, „man wird ja nochmal dürfen“ oder „sei doch nicht so streng mit dir selbst“ sind schlechte Berater. Sie untergraben dein Erfolgs-Mindset. Du boykottierst damit deine dauerhafte Ernährungsumstellung und deinen eigenen Erfolg. Du brauchst diese Lebensmittel nicht mehr.
Gerade wenn du krankheitsbedingt auf Kohlenhydrate verzichten musst, streiche alte Gewohnheiten bitte konsequent und kehre nicht zu deiner alten Ernährungsweise zurück. Nicht „ausnahmsweise“, und gar nicht. Sie ist für dich schädlich. Mit solch einem „Rebound“ belastest du deinen Stoffwechsel zusätzlich. Nochmal: Du brauchst diese Lebensmittel nicht mehr.
Durch Vorausdenken, Planung und Tricks lassen sich solche Verführungen gut umgehen. Iss ausreichend, bevor du ausgehst. Nimm dir eine Portion Nüsse oder einen Keto-Snack für den Notfall mit. Schau dir im Vorfeld online die Speisekarte an und suche dir etwas keto-konformes aus. Leg dir Antworten zurecht und übe diese ein! Klingt doof, wirkt aber. Und last but not least: Willst du wirklich nachgeben, um dann wieder den langwierigen Aufwand zu haben, in Ketose zu gelangen?
Als Alternative: Low Carb statt Keto
Es kann sein, dass du über längere Zeit Gelüste empfindest und unter der restriktiven Ernährung oder dem Aufwand der ketogenen Ernährung leidest. Dann solltest du dir vielleicht wirklich eine Pause davon gönnen. Gelüste sind kein Versagen. Studien haben ergeben, dass Frauen eher Lust auf Kohlenhydrate haben als Männer, und dass es ihnen schwerer fällt, ketogen zu bleiben.
Da du durch eine Mahlzeit mit Kartoffeln oder Reis sowieso aus der Ketose fällst, kannst du auch gleich eine längere Pause einlegen, beispielsweise von zwei bis drei Wochen. Um die Errungenschaften aus deiner ketogenen Phase dennoch nicht wieder einbüßen zu müssen und deinen Wiedereinstieg zu erleichtern, solltest du dich in dieser Zeit Low Carb ernähren und intermittierend fasten. Danach kannst du erneut mit Keto durchstarten.
Fazit – Lazy Keto in der Praxis
Einige wenige Ketarier steigen auf Lazy Keto um, um den Jojo-Effekt nach abgeschlossener Keto-Diät zu mildern oder um weiter Gewicht zu verlieren.
Im Netz habe ich im Grunde kaum Erfolgsgeschichten dazu gefunden. Auch wenn in den Headlines immer wieder Schlagwörter wie Lazy Keto etc. verwendet werden: Liest man sich die Artikel kritisch durch, lassen sich zumindest auf deutschsprachigen Seiten im Artikel selbst keine Informationen mehr zum Lazy-Aspekt finden.
Wie ich eingangs schon erwähnt habe, muss man meiner Meinung nach entweder erfahren sein bzw. sich sehr gut mit den Lebensmitteln und Nährstoffen auskennen, damit Lazy Keto funktionieren kann. Oder man stellt von vornherein nicht den Anspruch, die echten Benefits des Fettstoffwechsels zu erfahren. Soll heißen: Wenn du erst mit deiner Ernährungsumstellung startest, ist es gut zum Reinschnuppern. Und du kannst auch Gewichtsverlust erwarten. Aber um die längerfristigen Vorteile des Fettstoffwechsels zu erreichen, verabschiede dich von dem Gedanken, es „lazy“ angehen zu dürfen.
Nichtsdestotrotz kann ich Lazy Keto für all diejenigen empfehlen, die erste Schritte mit Fasten, der Keto-Diät und Peace Food machen wollen. Vor allem die Erfahrung, nicht hungrig zu sein, ist dabei äußerst wertvoll.