Keto langfristig – möglich oder gefährlich?

Keto langfristig – möglich oder gefährlich?

Vielleicht hast du mit der ketogenen Ernährung begonnen und genießt bereits die positiven Auswirkungen auf deinen Körper & Geist. Und fragst dich: Geht Keto auch langfristig? Vielleicht willst du dich auch erst einmal informieren, bevor du startest. Hier erfährst du, welche Vorteile es hat, die ketogene Ernährung auch langfristig durchzuziehen.

Aller Anfang ist schwer und Umdenken erforderlich

Auf Keto-Neulinge wirkt der ketogene Lifestyle als Verzicht oder sogar Askese, da Nudeln, Reis, Brot und Kartoffeln „verboten“ sind. In der normalen westlichen Ernährungsform sind sie nun mal allgegenwärtig, schnell verfügbar – als Standard erlernt und proklamiert. (Man denke nur einmal an die alte Ernährungspyramide.) 

Wer sich ketogen ernährt, macht schnell die Erfahrung: Sobald man einmal zu viele Kohlenhydrate zu sich nimmt, ist man direkt aus der Ketose raus. Und „Verführung“ in Form von schnellen Snacks, die man sich ja mal als “Ausnahmen” gönnen könnte, lockt an jeder Ecke. Dann erfordert es wieder einige Tage, um erneut hineinzukommen.

Vorteile bleiben über lange Zeit

Wenn der Körper jedoch einmal begonnen hat, Ketonkörper zu produzieren, kann er auch lange in diesem Zustand bleiben. Er nutzt Fett als Energiequelle. Auch nach mehreren Monaten bleiben alle Vorteile erhalten: verbesserte Gehirnleistung oder Klarheit der Gedanken, ein ausgeglichener Insulinspiegel, Schonung der Bauchspeicheldrüse und Leber, die Abwesenheit von Heißhunger…

Studienlage zur langfristigen ketogenen Ernährung

In einer Studie der Kuwait University von 2004 wurden 83 fettleibige Patienten (39 Männer und 24 Frauen) mit hohen Blutzucker- und Cholesterolwerten über einen Zeitraum von 24 Wochen bei einer ketogenen Ernährung begleitet. Im Laufe der Zeit wurde der BMI deutlich geringer, der Cholesterolwert nahm ab Woche 1 bis zum Ende kontinuierlich ab. Das HDL-Cholesterol nahm signifikant zu, während das LDL-Cholesterol signifikant abfiel. Beides Anzeichen für eine Gesundung des Körpers und Senkung des Risikos für Herzkreislauf-Erkrankungen. Der Blutzuckerspiegel war deutlich geringer. Die Werte für Harnstoff und Kreatinin veränderten sich nicht signifikant.

Die Risikofaktoren für Herzerkrankungen werden bei übergewichtigen Patienten durch eine ketogene Ernährung signifikant gesenkt.

Darüber hinaus gibt es noch keine aussagekräftigen Langzeitstudien.

Langzeitschäden durch Keto?

Kann Keto Langzeitschäden hervorrufen? Vorab: Es gibt erst sehr wenige Studien zu längerfristiger nicht-therapeutischer ketogener Ernährung. Längerfristig heißt hier mehr als sechs Monate. Studien mit Kindern, die therapeutisch langfristig keto ernährt wurden, zeigten hohe Kalziumspiegel im Blut sowie ein höheres Risiko für Osteoporose und Nierensteine. Diese Kinder wurden jedoch fleischhaltig ketogen ernährt.

Weitere in anderen Studien identifizierte Risiken beziehen sich ebenfalls auf eine fleischlastige ketogene Ernährung: Mineral- und Vitamin-Defizite, erhöhtes Risiko für Herzkrankheiten oder sogar Schlaganfall und Herzversagen aufgrund zu viel gesättigten Fettes. Der Konsum von großen Mengen Fleisch und Milchprodukten führe sogar zu einem höheren Risiko, früh zu sterben. Die Vergleichsgruppen mit gemäßigter Kohlenhydrat-Aufnahme sowie rein pflanzlicher Protein-Aufnahme kommen da eindeutig besser weg.

Gerade eine neuere Studie, die im Juni 2020 im American Journal of Medicine veröffentlicht wurde, fand viel Beachtung in den Reihen der Keto-Gegner. Das Fazit des durchführenden Professors Dr. Andrew M. Freeman wurde so gedeutet, dass eine über 12 Monate durchgeführte ketogene Ernährung das Risiko für Herzerkrankungen und Krebs erhöhe. Jedoch verdeutlichte er in einigen anschließenden Interviews, dass dies für eine fleischbasierte, an ungesättigten Fettsäuren reiche Ernährung gelte. Er empfehle eine pflanzenbasierte Ernährungsweise mit Obst und Gemüse, Nüssen und Samen. Eine gute Nachricht also für uns Keto-Veganer. Eine weitere Erkenntnis aus der Studie, dass der initiale Gewichtsverlust nach 12 Monaten wieder drauf sei, ist nicht widerlegbar. Dieser Jojo-Effekt ist jedoch nicht Keto-spezifisch, sondern tritt bei jeder „Diät“ auf, die keine dauerhafte Ernährungsumstellung ist.

Hierbei ist abermals zu betonen, dass es bisher nur wenige Studien überhaupt zu den Langzeit-Effekten von Keto gibt. Und die Teilnehmerzahl bei bisherigen Studien war gering. Daher kann man kaum verlässliche Ursache-Wirkung-Schlüsse ziehen. Erst recht nicht für die keto-vegane Ernährung.


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Langfristig ketogen bei Frauen

Die Chiropraktikerin Dr. Stephanie Estima aus den USA vertritt in ihrem Buch The Betty Body die Meinung, man soll als Frau nicht langfristig ketogen leben. Nicht länger als vier bis max. sechs Wochen. Ab drei Wochen etwa könnten Heißhungerattacken, Haarausfall und Schlafstörungen auftreten. Ihr Diät-Programm wechselt daher nach 28 Tagen ketogener Ernährung auf Low-Carb.

Bei mir selbst sind diese unerwünschten Effekte nicht aufgetreten. Zwar war den ersten zwei Wochen in Ketose mein Schlaf unruhig und ich hatte nachts manchmal Krämpfe. Diese Nebenwirkung ist jedoch ein gängiges Symptom der Umstellung auf ketogene Ernährung, kein spezifisch weibliches. Die Krämpfe sind ausgeblieben, als ich mehr Magnesium aufgenommen habe. Im Gegenteil: Ich habe eher positiv festgestellt, dass ich weniger Schlaf brauche.

Langfristig ketogen leben

In Foren und Blogs habe ich gelesen, dass es durchaus viele langfristige Ketarier gibt. Schließlich müssen sich Personen mit Kohlenhydrat-Unverträglichkeit und gewissen Krankheiten ggf. an eine ketogene Ernährung oder ähnliche Lebensweise halten. Oder Sportler haben so positive Erfahrungen gemacht, dass sie sich nicht mehr vorstellen können, zu einer nicht-ketogenen Ernährung zurückzukehren. Repräsentativ sind diese Berichte nicht, aber man liest heraus, was wichtig ist:

Die Berichtenden, die Keto langfristig durchführen, scheinen erstens alles gut in ihren Alltag integriert zu haben. Zweitens scheinen sie die Vorteile als weitaus gewichtiger anzusehen als den vermeintlichen „Verzicht“, der allen Neulingen entgegenspringt.

Wie bei allem im Leben ist auch hier die Gewöhnung wichtig – an die individuell als gut und umsetzbar empfundenen Rezepte, einen passenden Tagesablauf usw.

Flexibler Stoffwechsel

In meinen Augen erstrebenswert ist ein flexibler Stoffwechsel, den man sich antrainieren kann. Der Körper soll relativ schnell zwischen Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel switchen können. Das bedeutet: Bestenfalls ernähre ich mich grundlegend und langfristig ketogen, esse aber bei seltenen Anlässen auch mal kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Süßkartoffeln, Kartoffeln oder auch mal ein Stück “normale” Pizza. Und dabei immer vegan, vollwertig und möglichst unverarbeitet, d.h. frisch zubereitet. Da mein Körper die ketogene Nährstoffverteilung gewöhnt ist, kommt er dann relativ schnell wieder in Ketose, d.h. innerhalb von 3 Tagen. Diese Ausnahmen kommen – so ist meine Optimalvorstellung – etwa alle zwei Monate einmal vor.

Vielleicht hast du auch schon einmal von Ausnahmen oder Cheat Days gehört. Lies in meinem anderen Artikel mehr darüber.

Welche Erfahrungen hast du mit langfristiger Keto Ernährung gemacht? Lass uns an deinen Erfolgen, Erkenntnissen und Herausforderungen teilhaben und erleichtere anderen den Weg.